Geschichte des Vereins
Tabakschuppen
Die Entstehung des Heimat- und Kulturvereins ist untrennbar mit dem Historischen Tabakschuppen verbunden. Deshalb zunächst kurz die Geschichte dieses Gebäudes:
Nach den Revolutionsjahren 1848/49 reiste der Prinzregent Luitpold 1849 durch seine Gauen und kam auch in den Bezirk der Kreishauptstadt Speyer. Bei seiner Durchreise in Harthausen fielen ihm die Tabakbüschel an den Häusern auf, die dort zum Trocknen aufgehängt waren. Allerdings waren sie dem Wetter ausgesetzt, so dass die Trocknung eher in ein Verschimmeln überging. Ihm wurde die finanzielle Not der Bauern beklagt, die sich keine Trockenschuppen leisten konnten. Gleichzeitig erhielt er Kunde von der Königstreue der Harthäuser bei den vergangenen Aufständen. Dies beeindruckte den Regenten so sehr, dass er anwies, dem Ort auf Kosten der Staatskasse einen Trockenschuppen zu bauen. Die Gemeinde musste nur die dafür benötigte Fläche bereitstellen.
Im Jahre 1851 wurde mit dem Bau des Tabakschuppens begonnen und im gleichen Jahr war er auch fertig gestellt. Nur mit verzapften Balken gefügt, war er am Ortsrand Wind und Wetter ausgesetzt. Mehrmals stand er in Schieflage und musste gerade gerückt und die Balken mit Nägeln fester verbunden werden. Der Tabakschuppen war über 120 Jahre für die Kleinerzeuger von Tabak ein wertvoller Trockenraum.
Nachdem keine Tabakbauern mehr den Schuppen nutzten, beschloss der Gemeinderat nach langen kontroversen Diskussionen 1976 den Abriss. Die Interventionen einiger Bürger, die die Bedeutung des königlichen Geschenks zu würdigen wussten, stießen beim damaligen Landrat Dr. Paul Schädler auf offene Ohren. Am 16. Nov. 1979 wurde die am 02. Nov. 1979 erteilte Abrissverfügung wieder zurück genommen. Stattdessen wurde die Schutzwürdigkeit des Gebäudes anerkannt.
Nun hatte die Gemeinde das Problem wieder auf der Tagesordnung und die Diskussionen über die weitere Verwendung des baufälligen Holzbaus begannen von neuem. 1985 entschloss sich der Gemeinderat zur Renovierung und den Ausbau in ein Gebäude für Veranstaltungen und Feiern. Während der Renovierung, die 1990 beendet war, hatte der Rat mit immer wieder steigenden Baukosten zu kämpfen. Mehr und mehr entdeckte man versteckte Mängel, die beseitigt werden mussten.
(Weitere Informationen u. a. im Beitrag von Kurt Keller im Heimatjahrbuch des Landkreises Ludwigshafen / Rhein-Pfalz-Kreis1985 (Band I))
Vereinsgründungen
Als sich die Renovierung des alten gemeindlichen Tabakschuppens seinem Ende zuneigte, machte der engagierte Harthausener Bürger Hermann Grundhöfer dem damaligen Bürgermeister Ludwig Remmel den Vorschlag, zur Belebung der so genannten „guten Stube“ des Ortes einen Verein ins Leben zu rufen, der mit einem kulturellen Angebot interessierte Bürger in dem neu gestalteten Gebäude begeistern wollte. Der Tabakschuppen sollte ein Treffpunkt für private und kulturelle Veranstaltungen werden.
Auf Anregung von Hermann Grundhöfer trafen sich am 18. Januar 1990 im Pfarrheim 15 interessierte Bürgerinnen und Bürger. Bei diesem ersten Treffen sollte das Interesse an einer Vereinsgründung erkundet werden. Ein weiteres Treffen am 31. Januar 1990 lockte 26 Interessierte an. Es wurde ein Termin für eine Vereinsgründung festgelegt. Als nicht eingetragener Verein wurde am 14. Februar 1990 der „Heimat- und Kulturkreis“ gegründet, der einige Jahre erfolgreich wirkte. Die erste Aufgabe war die Ausrichtung der Einweihungsfeierlichkeiten am 23. und 24. Juni 1990.
Verschiedene Ausstellungen und Konzerte, die die Volkshochschule des Landkreises Ludwigshafen sowie das örtliche Volksbildungswerk im Tabakschuppen ausrichteten, lockten Menschen aus nah und fern an. Die Besucher loben bis heute die einzigartige Atmosphäre des mit viel Holz gestalteten Veranstaltungsraumes. Der Heimat-und Kulturkreis versuchte, die Veranstaltungen zu annehmbaren Preisen anzubieten. Neben etablierten Künstlern gaben auch junge Künstler ein Stelldichein. Sie hatten die Gelegenheit, am Anfang ihres Schaffens sich vor Publikum zu präsentieren. Die Devise war, Kunst sollte auch für den kleinen Geldbeutel leistbar und auf dem Land möglich sein. Neben eigenen Veranstaltungen half der Kreis auch bei Veranstaltungen Kreisvolkshochschule und der örtlichen Volkshochschule mit Verköstigung des Publikums aus.
Wegen der fehlenden Organisation in dem engagierten Kreis mangelte es bald an genügend Helfern. Da noch kein Vereinsbeitrag erhoben wurde, konnte auch die Mitgliederzahl nicht genau bestimmt werden. Auch Sponsoren ließen sich wegen der fehlenden Struktur nicht finden. Deshalb gründeten 10 Personen des ursprünglichen Heimat- und Kulturkreises am 08. November 1994 den Kultur- und Heimatverein Harthausen e.V. Als erster Vorsitzender wurde bei der ersten Versammlung Hermann Grundhöfer gewählt. Sein Stellvertreter wurde Harald Flörchinger. Die Kasse lag in treuen Händen von Marlies Denne. Durch die genehmigte Gemeinnützigkeit des Vereins konnten anerkannte Spendenquittungen ausgestellt werden. Der Jahresbeitrag wurde mit zwölf Mark für Einzelmitglieder und sechs Mark für jedes weitere volljährige Familienmitglied als Mindestbeitrag absichtlich gering gehalten. Mit der Währungsumstellung 2002 setzte die Mitgliederversammlung den Mindestjahresbeitrag auf sechs und drei Euro fest. Dieser hat bis heute Bestand. Der Verein gab sich eine Satzung und eine Geschäftsordnung. Nach dem beruflich bedingten Rückzug des Vorsitzenden wurde bei der Mitgliederversammlung am 02. Mai 2007 Harald Flörchinger als neuer Vorsitzender gewählt.
Stetig wuchs die Mitgliederzahl, nicht zuletzt durch das Veranstaltungsangebot, das sich mehr und mehr ausbreitete. Neben Ausstellungen und Konzerten gesellten sich Fahrten, Theater und Kabarett hinzu. Namhafte Künstler konnten die Besucher begeistern. Wurden zunächst Akteure für die Veranstaltungen gesucht, wurde der Verein schon bald mit Anfragen zu Auftritten und Ausstellungen überrannt.
Neben den eigenen Veranstaltungen half der Heimat- und Kulturverein mit Ausschank auch bei Veranstaltungen der Kreisvolkshochschule (Märchenabend) und der Gemeinde Harthausen (Brennholzversteigerung) mit. Der Tabakschuppen reichte bei größeren Events nicht aus, so dass auf die Heilsbruckhalle, die Kirche oder auf den Schulhof ausgewichen werden musste.
Die Veranstaltungen zogen auch viele auswärtige Besucher an, die teilweise zum ersten Mal Bekanntschaft mit dem Tabakschuppen machten. Alle waren von der besonderen Atmosphäre des Gebäudes und der damit verbundenen fast familiären Stimmung bei den Aufführungen begeistert.
Unsere Veranstaltungen kündigen wir auch seit 2001 in einem Schaukasten neben dem Tabakschuppen an. Dieser wurde von der Schreinerei Christopher Röder kostenlos erstellt. Seit 2021 können wir uns auch im Internet unter www.khv-harthausen.de/khv präsentieren.
Der Verein stattet seinen Dank an die Gemeinde wegen der unentgeltlichen Überlassung des Tabakschuppens damit ab, dass er ab und zu die Wände in dem Gebäude streicht und das Holz der Heizungsabdeckungen restaurieren lässt.
Neben den Veranstaltungen hat sich der Kultur- und Heimatverein das Ziel gesetzt, den alten Bahnhof wieder herzurichten und als Veranstaltungs- und Ausstellungsraum zu nutzen. Die Gemeinde Harthausen hat das Gebäude dem Verein in Erbbaurecht überlassen. In unserem Bautagebuch auf unserer Webseite kann der Fortschritt der Bauarbeiten verfolgt werden.
Der Verein macht der Gemeinde auch Vorschläge bei der Benennung von Straßennamen in Neubaugebieten. Im Gebiet Harthausen Ost wurde der ehemalige Gemeindeschreiber und Chronist Josef Diebold mit einem Straßennamen geehrt.
Für die Mitwirkung am Kleinen linksrheinischen Dialektatlas wurde der Verein von Dr. Georg Drenda ersucht. Wir konnten ihm die dialektische Aussprache einiger vorgegebener Ausdrücke zukommen lassen.
Veranstaltungen
Die Veranstaltungen des Vereins finden hauptsächlich im Tabakschuppen statt. Aber auch auf dem Schulhof, in der Heilsbruckhalle und der Kirche wurden größere Aufführungen angeboten.
– wiederkehrende Veranstaltungen
Monatlich findet am letzten Mittwoch im Tabakschuppen ein offener Stammtisch statt, außer im Ferienmonat Juli. Der Dezemberstammtisch ist den Mitgliedern vorbehalten. Bei Glühwein und Weihnachtsgebäck lässt man das Jahr ausklingen.
Normalerweise werden keine Themen vorgegeben, aber die Gespräche finden immer ihr Thema. Hauptsächlich sind örtliche Gegebenheit Anlass zu interessanten Dialogen.
Themen waren beispielsweise
– Luftbildarchäologie (Luftbilder geben Auskunft über ehemalige Bebauung und Nutzung)
– Kirchenglocken und Geläut von Harthausen (der letzte Glöckner Eugen Schütt berichtete
über seine Tätigkeit)
– Erdölsuche in der Umgebung (Dr. Winfried Kuhn und Vertreter der Ölgesellschaft GeoCon
berichten über die Ölsuche in der Umgebung von Harthausen)
Der Nachtflohmarkt am ersten Samstag im November freut sich außerordentlicher Beliebtheit. Schnell sind die verfügbaren Plätze reserviert. Die Käufer drängen sich in den oft zu schmalen Gängen auf der Jagd nach Schnäppchen. Manche lassen sich auch nur das rege Treiben visuell bei einem guten Getränke und einer Bratwurst auf sich wirken.
– besondere Veranstaltungen
Allerdings hatten wir auch bei einer Veranstaltung unerwarteten Gegenwind. Die Benefizveranstaltung „Brunnen für Togo“ war eine gelungen Aufführung mit vielen Künstlern aus Deutschland und Afrika. Zwei nachhaltig wirkende Brunnen konnten zur Versorgung eines Ortes in Togo finanziert werden. Jedoch wurde der Verein danach von einer rechtsradikalen Gruppe durch Flugblätter angegriffen, Vereinsmitglieder, die sich stark engagiert haben, wurden verbal unflätig attakiert. Dies hat uns jedoch nicht entmutigt und wir stehen zu der Veranstaltung und zu deren Zielen. Die Verursacher wurden zu einer leider sehr geringen Strafe verurteilt.
Eine weitere Benefiz-Veranstaltung galt der Freiwilligen Feuerwehr, die bei der Gasexplosion am 28. September 2013 mehrere zum Teil schwer verletzte und traumatisierte Kameraden zu beklagen hatte. Der Erlös sollte die finanziellen Nachteile der Betroffen mildern, aber auch als Anerkennung für den Einsatz der freiwilligen Helfer verstanden werden.
Der SWR drehte zwei Beiträge in Harthausen. Der Kultur- und Heimatverein wirkte dabei mit. Bei der Sendung 2010 über Harthausen stellten wir den historischen Tabakschuppen vor und wurden beim Streichen des Innenraums im Tabakschuppen aufgenommen. Außerdem besorgte unser Mitglied Wolfgang Fischer für die Fernsehcrew die Feuerwehrleiter mit Korb, damit der Ort von oben aufgenommen werden konnte. Drohnen gab für Luftaufnahmen gab es damals noch nicht.
Den zweiten Auftritt hatten wir bei der Sendung Expedition in die Heimat 2020, worin über das Pfefferminzbähnel berichtet wurde. Darin präsentierten wir der Moderatorin Anna Lena Dörr und dem Fernsehteam unseren Bahnhof.
– weitere Veranstaltungen
Neben der Präsentation von Künstlern verschiedener Genres hat der Verein auch eigene Akteure:
Historische Dokumente werden von verschiedenen Vereinsmitgliedern (Harald Flörchinger, Wilfried Birkle, Oskar Fischer) gesichtet und ausgewertet. So entstanden die ersten Theaterstücke und das Ortsfamilienbuch von Harthausen jeweils durch Wilfried Birkle. Ein Gedenkbuch der Gefallenen des 2. Weltkriegs aus Harthausen brachten Harald Flörchinger und Oskar Fischer 2013 heraus.
Kurze Theaterstücke über die Geschichte Harthausens, die zunächst von Wilfried Birkle geschrieben und inszeniert wurden, spielte die Theatergruppe des Vereins in wechselnden Besetzungen. Nach Wilfried Birkle nahm sich Andreas Heck dem Schreiben der Stücke an und führte Birkles Arbeit fort. Anfangs wurden die Stücke in der Heilsbruckhalle aufgeführt, danach bildeten sie einen viel beachteten Beitrag bei der Eröffnung des Tabakdorffestes. Für die Aufführungen beim Tabakdorffest konnte zeitweise lokale Prominenz für kleine Rollen gewonnen werden.
Die Harthäuser „Tabakernte“ rief Gabriel Salzmann (Gabs) 2014 ins Leben. Dabei sollten etablierte und neue Kabarettkünstler und -künstlerinnen ihr Können im Tabakschuppen zeigen. Schnell bildete sich eine treue Fangemeinde dieses Formats heraus, nicht zuletzt durch die Mitwirkung örtlich und überörtlich bekannter Akteure der Kleinkunst.
Die Woischmegger, eine sich aus einem Volkshochschulkurs herauskristallisierte Gruppe von Weinliebhabern, schloss sich 2001 dem Verein an. Sie trifft sich unter der Leitung von Dr. Kirsten Kissel seit 2002 regelmäßig zur Verkostung von Weinen. Mit Exkursionen und Kursen erweitern die Teilnehmer, deren Zahl auf maximal 15 begrenzt ist, ihr Wissen rund um Wein und Weinbau.
Namhafte Künstler haben sich in verschiedenen Genres in Harthausen präsentiert.
Eine kleine Auswahl:
Theater:
- Chawwerusch (war eine der ersten Großveranstaltungen auf dem Schulhof)
- Mainzer Hofsänger (mehrmals in kleiner Besetzung im Tabakschuppen und als Gesamtchor in der Kirche)
- Darmstädter Theatergruppe
- Freinsheimer Theatergruppe
Kabarett:
- Andreas Schmitt, bekannt als Obermessdiener in der Mainzer Fastnacht
- Detlef Schönauer, bekannt als Jacques in Jacques‘ Bistro
- Kättl Feierdaach
- Gerd Kannegießer
Musik:
- Christian Straube, solo und mit Schülern
- Konstantin Schmitt mit Schmitternacht
- Mainzer Hofsänger
- Gabriele Heidelberger und Thomas Bierling
- Hoffmann-Hammer-Trio aus Neupotz (u.a. großes Weihnachtskonzert in der Kirche)
- Bo Schmich
- Blue Eyes
- Duo Wortfront
- Familie Steegmüller
- Dolphin Street
- Salonissimo
Ausstellungen:
- Karl Hufnagel
- Theo Ofer
- Georg Karbach
- Martin Eckrich
- Oliver Schollenberger
- Harthäuser Künstler: Maria Schraut, Martina Jann-Bettag, Angelika Brückner, Monika Steiger, Rudolf Sichling, Gerhard Hoffmann
- Edelsteine und Schmuck aus Idar-Oberstein
- Kalligraphie
- Fotographie
- Pfefferminzbähnel
Vorträge:
- Schlacht am Speyerbach (Hans-Peter Schwan) mit Exkursion
- Friedensmal bei Edenkoben und Schlachtorte im Elsass (Dietger Unferfert +) mit Exkursionen
- Sylt (Diavortrag von Erk Hoenes)
- Arbeit und Leben in Ghana (Ärztin Schwester Miguela)
Lesungen:
- Hermann-Josef Settelmayer
- Katharina Mattich
- Andreas Heck
- „Textträumer“ aus Speyer
Weitere Veranstaltungen:
- Benefizveranstaltung „Brunnen für Togo“
- Benefizveranstaltung für verletzte Feuerwehrleute
- Weinprobe und Lesung mit Jürgen Matthäß und Michael Konrad